Solierklärung von “respect” Berlin

Seit fast einer Woche halten nun die Flüchtlinge und ihre
UnterstützerInnen in der besetzten Schule durch – unter ihnen auch
unsere Companera! Wir grüßen sie hiermit aus vollem Herzen!

Die BesetzerInnen kämpfen nicht nur für ihre eigenen minimalsten Rechte
wie Bleiberecht, Bewegungsfreiheit, freie Wahl des Wohnortes, Zugang zu
Gesundheitsversorgung, Bildung und zum formalen Arbeitsmarkt.

Nein: Sie verleihen auch einer politischen Bewegung Nachdruck, die
refugees in den letzten zwei Jahren an vielen Orten in Deutschland
organisiert haben – und zwar offensiver und öffentlich sichtbarer als
bisher – eine Bewegung für die Abschaffung der rassistischen Lagergesetze,
gegen die Isolation in den Lagern, gegen die Residenzpflicht, gegen die
Verweigerung von Arbeitsrechten und sowieso gegen das Ende aller
Möglichkeiten hier – die Abschiebung.

Wir können vor allem eines sagen: respect!!!

In der Schule der Ohlauer Straße und rund um sie herum ist eine absurde
und dramatische Situation entstanden bzw. durch die Politik des
Bezirksamt und des Senats auch ganz bewusst hergestellt worden:

Diese Situation ist geprägt davon, dass eine Sphäre der Rechtlosigkeit
und der polizeilichen Willkürherrschaft hergestellt wurde. Hier regiert
die Polizei alle Bewegungen, wer Zutritt hat, wer als gefährlich gilt,
wer wen treffen darf oder auch nicht usw.

Und diese Situation ist geprägt davon, dass die Politik geradezu
verzweiftelt versucht, diejenigen mundtot zu machen, zu isolieren und zu
kriminalisieren, die die eigentlichen AkteurInnen sind und die
eigentlich gerade als politisch Argumentierende und Handelnde im Zentrum
des politischen Prozesses stehen.

Diese absurde Situation ist aber kein dramatisch zugespitzter Einzelfall
oder eine ganz besondere Kreuzberger politische Konstellation. Sie
spiegelt in ihrer ganzen Absurdität und Dramatik – und darin, dass sie
eben nicht über den staatlich vorgegebenen Verhandlungsrahmen zu „lösen“
ist – den rassistischen Alltag in Deutschland wieder. Dieser Alltag ist für viele
genau davon geprägt: von Rechtlosigkeit, polizeilicher und behördlicher
Willkür, Kriminalisierung und Isolation.

Eines ist aber heute hier rund um die Ohlauer Schule entscheidend
anders: Anders als sonst ist diese absurde Situation hier einfach nicht
zu übersehen. Vor allem darin unterscheidet sie sich von dem sonst in
der Öffentlichkeit weiterhin weitgehend unsichtbar gemachten
rassistischen Alltag!

Und genau das verdient unseren respect und alle mögliche Solidarität:

Die Flüchtlinge riskieren alles, um diesen absurden Alltag in aller
Deutlichkeit sichtbar zu machen! Und sie riskieren alles, um
klarzumachen, dass sie sich das nicht mehr gefallen lassen!

Schon seit vielen Jahren versuchen viele Leute, denen in Deutschland ein
gesicherter Aufenthaltsstatus verweigert wird, und viele politische
Initiativen, die mit dieser Situation nicht einverstanden sind, etwas
gegen diese Zonen der Rechtsfreiheit und der polizeilichen Willkür zu
tun und den Strategien der Kriminalisierung und der Isolation
entgegenzutreten – auf diverse Art und Weise.

Wir von der Berliner respect-Initiative bauen seit vielen Jahren
Netzwerke der gegenseitigen Unterstützung und des Austauschs zwischen
Frauen auf, um die Lebenslage und die Rechte derjenigen von uns zu
verbessern, die hier in Deutschland ohne Aufenthaltsstatus leben. Denn
– trotz vieler erkämpfter Schlupflöcher – bleibt es dabei: Diejenigen
von uns ohne Papiere haben prinzipiell keinen Zugang zu
Gesundheitsversorgung, zu Schul- und Kitaplätzen, zu formalen
Arbeitsverhältnissen und formalen Arbeitsrechten – und
dies, obwohl viele von uns mit ihrer Arbeit als Babysitterinnen,
Putzhilfen und Altenbetreuerinnen hier in Deutschland dafür sorgen, dass
Kinder betreut sind, Wohnungen geputzt und alte Leute versorgt sind.
Die Putzhilfen und Babysitterinnen, die die anderen versorgen, leben
selbst unabgesichert und unversorgt. Sie müssen oftmals ihre Kinder in den
Herkunftsländern zurücklassen und leben in permanenter Bedrohung vor dem
Auffliegen und einer Abschiebung. Und an eine soziale Absicherung bei
Krankheit und im Alter ist schon gar nicht zu denken,

Der alltägliche Einsatz der gegenseitigen Unterstützung, wie wir ihn in
respect organisieren, findet aber oft im Verborgenen statt: Schließlich
gilt es, die Gefahren der Abschiebung zu schützen; Situationen der
Angst, der politischen und sozialen Isolation und auch der
Abhängigkeitsverhältnisse von Unterstützerinnen gehören zu diesem Alltag
dazu.

Umso mehr gilt unsere Solidarität denen, die gerade den Schritt aus
dieser Isolation und Angst gemacht haben – und sich selbst ins Zentrum
der politischen Aktion gestellt haben!

Umso mehr halten wir es für wichtig, dass möglichst viele die
Forderungen der AktivistInnen in der Schule unterstützen und lautstark
vertreten!

Wir von respect erklären unsere Solidarität und schließen uns den
Forderungen der BesetzerInnen an:

Bleiberecht und freie Wahl des Wohnortes für alle, ein Ende der
Residenzpflicht, gleiche Arbeitsrechte und gleichen Zugang zum
Arbeitsmarkt für alle, Zugang zu Gesundheitsversorgung, Kindergärten und
Schulen für alle!

Und ganz konkret: Abzug der Polizei, Aufenthaltstitel für die BesetzerInnen!

You can’t evict a movement!

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